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Im Ausland um Fachkräfte werben: Die Chance Fachkräfteeinwanderungsgesetz nutzen

Im Blickpunkt
Von Dr. Heino Klingen

24.03.2020

Für das Saarland war das gerade zu Ende gegangene Jahrzehnt wirtschaftlich eine verlorene Dekade. Mit einem Jahreswachstum von 0,9 Prozent ist die wirtschaftliche Leistung hierzulande in diesem Zeitraum nur halb so stark gestiegen wie im Bundesschnitt. Von Aufholen, Einholen oder gar Überholen kann also keine Rede sein.

Doch mit dem jetzt begonnenen „Jahrzehnt der Investitionen“ will die Landesregierung neue Wachstumsimpulse setzen. Das ist sehr zu begrüßen. Schließlich waren es die unter dem Diktat der Sparhaushalte vernachlässigten öffentlichen Investitionen, die die schwache Wachstumsbilanz mitverursacht haben. Wenn Land und Kommunen jetzt noch steuerliche Anreize bei der Gewerbesteuer setzen, um Unternehmen zu mehr Investitionen anzureizen, dann könnten die 20er Jahre einen guten Verlauf nehmen.

Wenn, ja wenn da nicht das leidige Thema Demografie wäre. Von dieser Seite drohen nämlich nicht nur weitere Nachfrageausfälle, sondern – was wenigstens ebenso bedenklich ist – auch Einschränkungen des Wachstumspotenzials der Saarwirtschaft durch Fachkräftemangel. Das Zusammenspiel dieser beiden Trends könnte eine fatale Abwärtsspirale in Gang setzen, die kaum noch zu kontrollieren wäre.

Dass diese Gefahr real ist, zeigt ein Blick in die aktuelle und inzwischen vierzehnte Bevölkerungsvorausberechnung. Danach sinkt die Einwohnerzahl im Saarland in den nächsten 40 Jahren um knapp ein Fünftel auf rund 810.000 Personen – und das trotz einer unterstellten Nettozuwanderung von jährlich gut 1.100 Personen. Gegenüber heute sind das 180.000 Menschen, die den Unternehmen dann als Konsumenten fehlen und über Einnahmeausfälle im Länderfinanzausgleich auch die öffentliche Nachfrage schwächen. Zur Größenordnung dieser Dimension: 180.000 – das entspricht ziemlich genau der Einwohnerzahl der Landeshauptstadt.

Beim Erwerbspersonenpotenzial ist der Abwärtstrend sogar noch stärker ausgeprägt als bei der Bevölkerungsentwicklung. Derzeit stehen dem saarländischen Arbeitsmarkt noch 610.000 Personen im erwerbsfähigen Alter zur Verfügung. In den nächsten zehn Jahren schrumpft deren Zahl durch das sukzessive Ausscheiden der Babyboomer, wie die geburtenstarken Jahrgänge der 50er und 60er Jahre genannt werden, um 80.000 und fällt dann bis 2060 um weitere 90.000 auf 440.000 Erwerbspersonen. 28 Prozent weniger Erwerbspersonen innerhalb einer Generation – das ist wahrlich kein Pappenstiel und dürfte die Unternehmen zunehmend in Bedrängnis bringen. Es ist deshalb dringend geboten, dem Thema Fachkräftemangel einen noch höheren Stellenwert in der saarländischen Wirtschaftspolitik zu geben als bisher.

Dabei könnte man auf Bewährtes aufbauen. Denn mit dem „Zukunftsbündnis Fachkräfte Saar“ aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen, Politik und (Arbeits-)Verwaltung gibt es eine eingespielte Allianz, die schon in der Vergangenheit bewiesen hat, dass man diesem Thema nicht hilflos ausgeliefert ist. Mit zahlreichen Maßnahmen hat sie keinen geringen Anteil daran, dass die Frauenerwerbsquote in den vergangenen Jahren deutlich nach oben gegangen ist und ältere Arbeitnehmer heute länger im Berufsleben bleiben. Sicher, es gibt noch weiteren Verbesserungsbedarf – etwa bei der Verringerung der Zahl von Schulabgängen ohne Abschluss oder von jungen Erwachsenen ohne Berufsausbildung. Doch auch hier zeigen sich erste Erfolge.

Positiv ist zudem die im vergangenen Jahr vollzogene Konzentration des Bündnisses auf besonders vom Fachkräftemangel betroffene Branchen – wie Bau, Transport und Logistik, Hotellerie und Gastronomie. Das bietet den Betrieben die Chance zu neuen Marketingkampagnen und dürfte ihnen über kurz oder lang auch zu einem besseren Image verhelfen. Die Branchenfokussierung ist aber auch ein guter Ausgangspunkt, um das Anfang März in Kraft getretene Fachkräfteeinwanderungsgesetz mit Leben füllen zu können. Mit diesem Gesetz soll qualifizierten Arbeitnehmern aus Nicht-EU-Ländern, die eine mit deutschen Standards vergleichbare Berufsausbildung nachweisen können, die Zuwanderung nach Deutschland erleichtert werden.

So begrüßenswert das Gesetz auch ist, ein Selbstläufer wird es nicht. Das liegt nicht nur an den Sprachbarrieren und daran, dass Deutschland für ausländische Fachkräfte nur bedingt interessant ist. Es hat auch damit zu tun, dass die Visavergabe in den Konsulaten und die Anerkennungsverfahren der Berufsabschlüsse noch zu langwierig und ineffizient sind. Andere Länder sind da deutlich effektiver. Vorausgesetzt, die Bundesregierung kommt hier – wie zugesagt – zu guten Lösungen, dann bleibt aber immer noch das Hauptproblem: Wie erfahren die in aller Welt verstreuten Fachkräfte, welche Qualifikationen hierzulande besonders gebraucht werden?

Das Saarland sollte sich diesbezüglich nicht allein auf die vom Bund eingerichtete Internetseite „Make it in Germany“ verlassen. Das birgt die Gefahr, übersehen zu werden. Es sollte deshalb eine eigene Anwerbestrategie mit Angabe der Zielländer und unter Spezifikation der gesuchten Qualifikationen entwickeln. Dafür sollte das Willkommensportal des Saarlandes relaunched und so beworben werden, dass Fachkräfte aus aller Welt auf unsere Jobangebote aufmerksam werden. Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn diese Angebote angesichts der attraktiven Arbeits- und Lebensbedingungen im Saarland unerwidert blieben.