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Mehr Zuwanderung wagen!

Kolumne
von IHK-Präsident Dr. Richard Weber

09.02.2015

Deutschland verändert sich. Unsere Gesellschaft ist bunter und offener geworden. Manch einer würde sagen, wir sind reifer geworden. Reifer nicht nur deshalb, weil wir älter geworden sind, sondern auch, weil wir aus den Erfahrungen gelernt haben. Und die Erfahrung hat gezeigt: Kulturelle Vielfalt ist keine Bedrohung, sondern eine Bereicherung. Die wirkliche Bedrohung liegt angesichts des Bevölkerungsrückgangs in einer Abschottung. Denn wenn wir unseren Wohlstand langfristig sichern wollen, brauchen wir mehr Talente von außerhalb. Die Devise muss heißen: Mehr Zuwanderung wagen! Konkreter: Unser Land muss für ausländische Fachkräfte noch attraktiver werden. Dazu gilt es nicht nur, bürokratische Hürden weiter abzubauen. Vieles ist hier schon besser geworden – durch die Verabschiedung des Anerkennungsgesetzes, durch die Einführung der Blauen Karte oder durch die Änderung der Beschäftigungsverordnung. Man kann sogar sagen: Der rechtliche Rahmen für Zuwanderung ist im internationalen Vergleich inzwischen sogar ausgesprochen liberal. Woran es aber fehlt, ist eine echte Willkommenskultur auf allen Ebenen unserer Gesellschaft.

Dass sich Offenheit und Toleranz lohnen, zeigt der Blick auf unsere Geschichte. Die kulturelle und ökonomische Blüte Preußens im 17. Jahrhundert wäre ohne das Toleranzedikt von Potsdam und den Zustrom der Hugenotten deutlich schwächer ausgefallen. Gleiches gilt für den Wiederaufbau Deutschlands nach dem 2. Weltkrieg. Die hohen Wachstumsraten bis Ende der 60er Jahre wären ohne unsere "Gastarbeiter" nicht möglich gewesen. Und Länder wie die USA oder die Schweiz verdanken seit langem einen großen Teil ihrer Dynamik dem "brain gain" von außen.

Menschen gehen immer dorthin, wo es Chancen gibt, wenn zu Hause die Hoffnungslosigkeit grassiert. Und damals wie heute sind es oft gerade diese Menschen, die in ihrer neuen Heimat mit ihrem Wissen und Können Innovationen und Wachstum anstoßen. Nicht zu unterschätzen ist auch die politische Veränderungskraft, die mit Migration einhergeht: Schlechte Politik wird mit Abwanderung bestraft, gute Politik durch Zuwanderung belohnt. Dass nach Deutschland allein im letzten Jahr rund 450.000 Menschen mehr eingewandert als ausgewandert sind, ist auch ein Punktsieg im Wettbewerb der Systeme – ein Sieg der Freiheit, der Toleranz und Menschlichkeit.

Den Menschen, die zu uns kommen, weil sie sich eine bessere Zukunft erhoffen, müssen wir eine Perspektive bieten – schon aus Gründen der Humanität, nicht zuletzt aber auch, weil es in unserem ureigenen Interesse ist. Wir brauchen den „Homo migrans“ – gerade im Saarland. Und wir sind auf einem guten Weg. Zum fünften Mal in Folge sind hierzulande mehr Menschen zu- als abgewandert – auch deshalb, weil wir frühzeitig die Weichen dafür gestellt haben. Dies hilft der Saarwirtschaft, ihren Fachkräftebedarf zu sichern. Deshalb unterstützt unsere IHK das bei saar.is im Aufbau befindliche Welcome Center – es soll den positiven Wanderungstrend weiter festigen. Gleiches erhoffen wir uns von unserem Engagement in vielfältigen Initiativen des Zukunftsbündnisses Fachkräfte Saar. Wir sind überzeugt: Engagiertes Handeln für mehr Zuwanderung zahlt sich aus.

Was Deutschland dagegen nicht braucht, sind Menschen, die lautstark und mit dumpfen Parolen Vorurteile gegenüber Migranten schüren. Auch wenn es sich dabei nur um eine verschwindend kleine Minderheit handelt – sie können das positive Image unseres Landes nachhaltig beschädigen. Ich bin überzeugt: Die große Mehrheit weiß, dass Zuwanderung einen echten Gewinn bedeutet, der über den rein volkswirtschaftlichen Nutzen weit hinausgeht. Einen Gewinn auch durch kulturelle Bereicherung und mehr internationale Verständigung. Trauen wir uns! Wagen wir mehr Zuwanderung!