Werte leben, Verantwortung übernehmen
Kolumne
Von IHK-Vizepräsident Philipp Gross
15.11.2021
Wirtschaft lebt von Menschen, die neue Wege gehen. Menschen, die Chancen erkennen, eine Vision entwickeln und dann anpacken, um diese Vision wahrwerden zu lassen – auch wenn die Widerstände mitunter groß sind und immer die Möglichkeit des Scheiterns besteht. Insbesondere gilt das für den wirtschaftlichen Bereich: Dass Unternehmerinnen und Unternehmer persönlich Verantwortung übernehmen – darauf beruht zu einem guten Teil unsere soziale Marktwirtschaft – und davon profitiert unsere ganze Gesellschaft. Zu beobachten ist dies gerade „live“ in Saarbrücken: Lange lag das Gebiet der ehemaligen Saarmesse im Dornröschenschlaf. Doch gerade geht es schnell voran. Das oberbayerische Familienunternehmen Reichenberger Immobilien hat das Gelände gekauft und eine faszinierende Vision für ein neues Stadtquartier entwickelt. Familie Reichenberger will sich langfristig engagieren, alle Flächen sollen vermietet und keine verkauft werden. In dieser Ausgabe der saawirtschaft geben wir einen ersten Einblick in das neue Quartier „Am Schanzenberg“ und stellen Firmengründer Josef Reichenberger und seine Tochter Eva-Maria Klappauf in einem Interview vor.
Unternehmerische Verantwortung zeigt sich nicht zuletzt auch in einer verantwortungsvollen Aufstellung und Weitergabe des eigenen Unternehmens. Hier wird derzeit immer intensiver über die Einführung einer neuen Rechtsform diskutiert: die „Gesellschaft mit gebundenem Kapital“. Weil die „klassische“ Weitergabe des Betriebes in der eigenen Familie heutzutage immer seltener möglich ist, suchen gerade viele Mittelständler nach einer Möglichkeit, ihr Werte- und Unternehmensverständnis rechtlich abzubilden und langfristig zu erhalten. Sie wollen den ideellen Kern des Unternehmens absichern, nicht zuletzt gegen Übernahmen von außen. Interessant ist die Bandbreite der Unterstützer: So ist der saarländische Einzelhandels-Unternehmer Thomas Bruch einer der engagiertesten Verfechter – auch wenn er für die Globus Gruppe bereits vor Jahren eine andere, eine Stiftungslösung gefunden hat. Die ist jedoch nur für große Unternehmen umsetzbar – viel zu aufwändig für die Kleinen. Die „Gesellschaft mit gebundenem Kapital“ hat daher auch zahlreiche Start-Ups als Unterstützer. Viele von ihnen gründen aus Begeisterung für eine Sache, immer weniger streben für sich einen schnellen lukrativen Exit an. Auch diese Werteorientierung vieler Start-ups – wie etwa TapTree aus Saarbrücken – ließe sich über die neue Gesellschaftsform abbilden, wie Sie im Titelthema dieses Heftes lesen können.