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Deutschland braucht einen Booster für erneuerbare Energien

IHK-Präsident Dr. Hanno Dornseifer zur Energiekrise

21.10.2022

Die Energiekrise trifft die deutsche Volkswirtschaft ins Mark. Nachdem Russland den Gashahn zugedreht hat, stellt sich die grundsätzliche Frage einer sicheren, möglichst klimaneutralen Versorgung mit Wärme und Strom zu vertretbaren Preisen neu und drängender denn je.

Zunächst ist aber die akute Nothilfe entscheidend. An diesem Freitag will der Bundestag das 200 Milliarden Euro schwere „Doppel-Wumms“-Paket zur Abfederung der Energiekrise beschließen. In der vorigen Woche hat die Gas-Kommission gute Vorschläge gemacht, um Haushalte, Gewerbe, Handel und Industrie signifikant zu entlasten und Planungssicherheit bis 2024 zu schaffen. Die Kommission hat zu Recht geraten, den Gaspreis nicht auf das Vorkrisen-Niveau zu drücken.  Preisanreize zum Energiesparen bleiben. Der Verbrauch muss sinken. Andernfalls drohen Gasabschaltungen und Stromausfälle.

Jetzt muss die Politik in punkto Kostenbremse schnell rechtliche Klarheit schaffen. Die Zeit drängt, weil die Gaskunden die Preissteigerungen zunehmend spüren. Für viele Betriebe wird es eng, wenn die Energiekosten nicht rasch begrenzt werden. Zudem muss Zeit für die Umsetzung einkalkuliert werden, damit die Entlastungen pünktlich ankommen.

Das lange offene Thema der hohen Strompreise ist inzwischen auch auf der Agenda. Es zeichnet sich eine Lösung analog zum Gas ab. Eine wirksame Preisbremse unabhängig von staatlichen Deckelungen ist ein größeres Stromangebot. Daher müssen alle verfügbaren Erzeugungskapazitäten ans Netz, von Kohle- bis zu Atommeilern.

Der Kostendeckel bringt jedoch nicht das Preisniveau zurück, das Deutschland lange gewohnt war. Er kann negative Folgen für die Volkswirtschaft nur dämpfen. Unternehmen müssen auf Dauer mit deutlich höheren Energiekosten fertig werden. Zum Teil können sie die Belastungen an die Kunden weitergeben. Manche Betriebe werden aber Produktion ins günstigere Ausland verlagern. Außerdem ist eine Zunahme von Insolvenzen zu befürchten.

Umso wichtiger ist, rasch die grundsätzlichen Fragen der Energieversorgung anzugehen. Was Deutschland jetzt erlebt, muss zu einem Booster für erneuerbare Energien werden. Der Ausbau von Wind- und Solarenergie und auch der Leitungsnetze muss viel schneller vorankommen. Dafür braucht es ein Bündel von Maßnahmen: zum Beispiel beschleunigte Genehmigungsverfahren, Begrenzung der Klagemöglichkeiten auf nur noch eine Instanz, zügige Bereitstellung von Flächen sowie staatliche Förderprogramme.

Parallel müssen sich Politik und Wirtschaft neu mit fossilen Energien befassen. Über Jahre wurde Erdgas favorisiert, um die Zeit bis zu einer CO2-freien Versorgung zu überbrücken. Diese Brücke ist weggebrochen. Als Alternative scheint trotz negativer Klimabilanz derzeit nur die Kohle infrage zu kommen. Oder sollte Deutschland in die Förderung von Fracking-Gas einsteigen?
Welcher Weg auch eingeschlagen wird, klar sein sollte erstens: Konventionelle Kraftwerke dürfen erst vom Netz, wenn ausreichend erneuerbare Energien zur Verfügung stehen. Zweitens: Es hilft nichts, mit Jahreszahlen und Prozentsätzen Energiewende-Ziele zu formulieren. Jetzt kommt es auf eine konsequente Politik des Machbaren und des Machens an.

(erschienen als Gastbeitrag in der Saarbrücker Zeitung vom 21. Oktober 2022)