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Einsparpotenziale rasch und konsequent ausschöpfen!

Standpunkt
von Volker Giersch

01.07.2011

Die Ergebnisse der Haushaltsstrukturkommission liegen inzwischen vor. Der von der PwC zusammengestellte Bericht bildet eine durchaus fundierte Grundlage für die künftige Ausrichtung der saarländischen Finanzpolitik. Auch wenn er den Konsolidierungsbedarf nicht in seiner gesamten Dimension aufzeigt, macht er doch deutlich, dass es in einer Vielzahl von Ausgabenbereichen des Landes noch erhebliche Einsparpotenziale gibt. Diese Potenziale muss die Landesregierung rasch und konsequent ausschöpfen, um den Schuldenzuwachs wirksam zu begrenzen, um den Weg frei zu machen für insgesamt 2,34 Milliarden Euro Solidarhilfe und um die Zukunftsfähigkeit des Landes zu erhalten.

Der Bericht zeigt zugleich, dass wir keineswegs Gefahr laufen, uns in den nächsten Jahren tot zu sparen. Wer anderes behauptet, ignoriert entweder die Fakten oder argumentiert zum Schaden des Landes bewusst unredlich. Die Fakten sprechen nämlich eine eindeutige Sprache.

Fast gleich hohe Einnahmen…

Das Saarland hat kein Einnahmenproblem – zumindest nicht im Vergleich zu den übrigen Bundesländern. Je Einwohner gerechnet steht dem Land und seinen Kommunen – nach Finanzausgleich – fast gleich viel Geld zur Verfügung wie anderen westdeutschen Flächenländern. Bis zum Länderschnitt fehlen lediglich 2,4 Prozent.

Auch im weiteren Verlauf des Jahrzehnts wird der Finanzausgleich – sofern er nicht gekippt oder grundlegend reformiert wird – sicherstellen, dass das Land von der Einnahmenseite her wettbewerbsfähig bleibt. Gerade auch im Vergleich zu anderen föderalen Staaten leistet er ein Höchstmaß an bundesstaatlicher Solidarität. Mehr jedenfalls wird nicht erreichbar sein.

Eine realistische Chance, die Finanzlage des Landes zu verbessern, liegt aber darin, weiterhin auf ein kräftiges Wachstum der Wirtschaft zu setzen und dadurch die Steuerkraft von Land und Kommunen nachhaltig zu stärken. Dazu muss es freilich gelingen, den Wirtschaftsstandort trotz Sparkurs attraktiv zu halten und über eine gemeinsame Kraftanstrengung sicherzustellen, dass auch künftig ein ausreichendes Angebot an Fachkräften zur Verfügung steht.

… aber viel zu hohe Ausgaben

Dringenden Handlungsbedarf gibt es auf der Ausgabenseite des Haushaltes: In 2010 hat das Land je Einwohner fast ein Viertel mehr ausgegeben als die übrigen Bundesländer im Schnitt. Dies allein schon im so genannten „Kernhaushalt“, also ohne Berücksichtigung der Schattenhaushalte. Absolut gesehen belaufen sich die Mehrausgaben hier auf immerhin rund 770 Euro je Einwohner. 380 Euro davon resultieren aus höheren Zinszahlungen und Versorgungsverpflichtungen. Sie gehen auf das Konto „Altlasten“. Die verbleibenden 390 Euro je Einwohner fallen für überdurchschnittlich hohe Ausgaben in den übrigen Bereichen an. In den Schattenhaushalten stecken weitere 300 Euro Mehrausgaben.

Einzuräumen ist, dass ein Teil der höheren Ausgaben daher rührt, dass das Land hier Aufgaben übernimmt, die anderswo von den Kommunen erledigt werden. Dies erklärt jedoch nur den kleineren Teil der Mehrausgaben. Es bleibt also bei dem Befund, dass wir uns deutlich höhere Ausgaben leisten als die übrigen Länder im Schnitt – teilweise sogar als jene Länder, die uns im Rahmen des Finanzausgleichs unterstützen.

Die Haushaltsstrukturkommission hat jetzt ermittelt, wie viel das Land in welchen Bereichen mehr ausgibt. Ins Bild genommen wurde dabei auch, dass die Bevölkerung im Land bis Ende des Jahrzehnts deutlich stärker sinkt als bundesweit und dass die höheren Zinslasten bis 2020 durch Minderausgaben an anderer Stelle auszugleichen sind.

Die Konsolidierungspotenziale, die auf diese Weise berechnet wurden, sind beträchtlich: Sie belaufen sich auf insgesamt 226 Millionen Euro – davon unter anderem 33 Millionen bei der Polizei, 32 Millionen bei den Hochschulen (genauer: in der medizinischen Fakultät), 39 Millionen bei den Schulen, 35 Millionen bei regionalen Fördermaßnahmen und – nicht zuletzt – 29 Millionen bei der politischen Führung.

Zukunftskonzept muss Orientierung geben

Forciert zu sparen heißt jetzt das Gebot der Stunde. Dabei ist es mehr denn je geboten, ganzheitlich, strategisch und langfristig zu denken. Wir brauchen schnellstmöglich ein Zukunftskonzept Saarland 2020, das alle wichtigen Handlungsbereiche der Landesregierung umfasst und – soweit möglich – auch die kommunale Seite mit einschließt. Dieses Konzept muss schlüssig aufzeigen, wie es unser Land trotz der gebotenen Einsparungen schaffen kann, sich im Wettbewerb der Regionen weiterhin erfolgreich zu behaupten.

Dazu bedarf es vor allem klarer Vorstellungen darüber,
  • wie unsere Schulen und wie unsere Forschungs- und Hochschullandschaft Ende des Jahrzehnts aussehen sollen,
  • wie wir das Kulturangebot in Zeiten knapper Finanzen weiterentwickeln wollen,
  • welche Zukunftsinvestitionen wann auf der Zeitschiene zu realisieren sind und nicht zuletzt
  • wie viel Personal wir uns im öffentlichen Dienst angesichts der Sparzwänge und der deutlich sinkenden Einwohnerzahl künftig noch leisten können.
Aus einem solchen ganzheitlichen Konzept sind dann Prioritäten für die einzelnen Handlungsfelder abzuleiten, die in eine Finanzplanung 2020 münden sollten.

Eine schlüssige Gesamtstrategie bietet zudem auch die Chance, die Diskussion über eine weitere Solidarhilfe vorzeitig und fundiert zu eröffnen. Nur mit Hilfe eines Gesamtkonzepts lässt sich überzeugend darlegen, dass es trotz intensiver Sparanstrengungen nicht möglich sein wird, die überbordenden Zins- und Versorgungslasten ganz durch Einsparungen an anderer Stelle auszugleichen und dass deshalb gegen Ende des Jahrzehnts ein „Altlastenfond“ nötig sein wird.

Höhere Steuereinnahmen für rasche Konsolidierung nutzen!

Zunächst aber muss das Land die Haushaltskonsolidierung möglichst zügig vorantreiben. Auch Länder, die sich in einer weniger prekären Finanzsituation befinden, nutzen die aktuelle Phase hoher Steuereinnahmen zum beschleunigten Defizitabbau. Das ist auch hier im Land nötig. Andernfalls wird – darauf weist Professor Ingolf Deubel, ehemaliger Finanzminister von Rheinland-Pfalz und Mitglied der Haushaltsstrukturkommission zu Recht hin – die Zinslast des Landes über die Maßen steigen und sich für das Land spätestens nach 2015 die Existenzfrage stellen.

In der Tat würde der Schuldenberg bis 2020 – trotz Konsolidierungshilfe – um weitere 3,3 Milliarden Euro anwachsen, wenn das Land das Defizit nicht rascher als vorgegeben abbaut. Die Zinslast würde nochmals um fast ein Drittel steigen, was finanziell kaum zu verkraften wäre.

Zudem ist es nötig, die Konsolidierungsmaßnahmen frühzeitig einzuleiten, damit sie bis Ende des Jahrzehnts noch ausreichend wirksam werden können. Das gilt etwa für den dringend nötigen Personalabbau. Jedes Jahr, in dem altersbedingt frei werdende Stellen wieder besetzt werden, ohne einen Teil davon einzusparen, ist ein verlorenes Jahr mit nachhaltig verschenkten Einsparchancen. Bislang sind hierzulande mehr als 80 Prozent des öffentlichen Dienstes – Polizei, Schulen, Finanzämter und Justiz – vollständig vom Stellenabbau ausgenommen. Der beschlossene Einstellungsstopp gilt lediglich für den engeren Verwaltungsbereich. Das kann so nicht bleiben.

Deshalb kann man der eindringlichen Empfehlung von Deubel nur zustimmen, „auf der Basis einer klaren und offen kommunizierten Langfriststrategie für den gesamten Zeitraum bis zum Jahr 2020 so schnell wie möglich die eigenen Ausgabenüberhänge konsequent abzubauen.“ Zögerlich und kurzatmig zu sparen hieße dagegen, die Handlungsfähigkeit und damit die Eigenständigkeit des Landes fahrlässig aufs Spiel zu setzen. Das sollten auch die Oppositionsparteien und jene gesellschaftlichen Gruppen bedenken, die sich dem nötigen Sparkurs bislang noch vehement widersetzen.