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Saarländer: Raus!

Von Franz Josef Juchem, Vizepräsident IHK Saarland
Kolumne

01.05.2003

Die Saarländer sind bekanntlich – trotz ihrer sprichwörtlichen Heimatverbundenheit –eine besonders weltoffene und reisefreudige Spezies. Das gilt in besonderem Maße für die saarländischen Unternehmen: Schon heute wird im Saarland mehr als jeder dritte Euro im Export verdient. Mit anderen Worten: Der Erfolg auf internationalen Märkten sichert hierzulande jeden dritten Arbeitsplatz. Allein in den letzten fünf Jahren sind die Saar-Exporte um weit mehr als ein Viertel gewachsen, der Anteil der Ausfuhren liegt weit über dem Bundesdurchschnitt.

Entsprechend hoch ist die Beteiligung saarländischer Unternehmen an den zahlreichen Aktivitäten, die IHK, ZPT und Wirtschaftsministerium im Verbund anbieten: Delegationsreisen, Kooperationsbörsen, Messebeteiligungen und Länder-Sprechtage. Entsprechend zahlreich sind auch die Namen erfolgreicher Saarländer auf allen Kontinenten, die sich im Netzwerk „ Saarländer helfen Saarländer“ (SHS) der Hartz-Foundation finden.

Aber: Noch konzentrieren sich die Auslandsaktivitäten auch im Saarland sehr stark auf bestimmte Branchen und eher größere Unternehmen. Noch haben längst nicht alle sonst so erfolgreichen Mittelständler die Chancen ausgeschöpft, die in den nahen und ferneren ausländischen Märkten liegen.

Neue Märkte sichern Unternehmenserfolg . . .

Dabei zeigt die Erfahrung gerade der letzten Jahre, dass Wachstum – und oftmals auch die schiere Existenzsicherung – nur durch konsequente Orientierung nach draußen möglich ist. Unser Zukunftsmotto müsste also – viel mehr noch als bisher –lauten: „ Saarländer raus“! Raus mit unseren Produkten aus dem engen Heimatmarkt. Raus mit unseren Ingenieuren und Verkäufern. Raus aber auch mit unseren Einkäufern – zur Erschließung günstiger Bezugsquellen im größer gewordenen Europa und in der ganzen Welt.

. . . und Arbeitsplätze

Im Zeichen der Globalisierung und des zunehmenden weltweiten Wettbewerbs genügt es nicht mehr, den angestammten Heimatmarkt zu verteidigen. Auf immer mehr Feldern ist Wachstum nur noch außerhalb der Heimatmärkte möglich. Und nur Wachstum sichert Unternehmenserfolg und Arbeitsplätze. Ein Beispiel aus meinem eigenen Unternehmen macht dies deutlich: Würde unser Lebensmittelwerk seine Industrie-Grundstoffe ausschließlich für den deutschen Markt herstellen, wären Produktion und Beschäftigung nur halb so hoch. Was für Juchem gilt, gilt ähnlich auch für die meisten übrigen Industrieunternehmen – nicht nur aus der Ernährungsbranche: Den größten Teil der positiven Umsatzentwicklung der letzten Jahre – und einen wachsenden Beschäftigtenanteil – verdanken wir dem Export.

Schnelle Anpassungen an die Kundenerwartungen, beständige Innovationen und Ausweitung des Absatzgebietes über die saarländischen, deutschen und europäischen Grenzen hinaus – fast immer ist es dieser Dreiklang, der den Unternehmenserfolg sichert. Zugegeben: Jenseits der eigenen Haustür weht meistens ein rauerer Wind. Auslandsengagements sind immer auch mit zusätzlichen Risiken behaftet. Andere Sprachen, andere Geschäftsgebräuche und andere Rechts- und Steuersysteme machen eine gründliche, personalintensive und deshalb teuere Erkundungsphase nötig. Selbst dann, wenn man sich zunächst einheimischer Vertriebspartner bedient. Auch bei sorgfältigster Vorbereitung – ein Fehlschlag bleibt möglich. Aber gilt dies nicht auch für den sogenannten „Heimatmarkt“? Und ist es nicht genau das Wagnis, das den Unternehmer ausmacht? Dennoch scheuen nach meiner Überzeugung noch zu viele Unternehmen – auch im Saarland – den Weg nach „draußen“. Auch solche, die durchaus das Zeug dazu hätten, im Ausland erfolgreich zu sein. P> Vielfältige Unterstützung

Vielleicht können die Erfolge anderer Mut machen. Deshalb wollen wir künftig in unserer Zeitschrift Beispiele erfolgreicher Auslandsengagements vorstellen. Wir wollen zeigen: Es kommt nicht auf die Größe an und nicht auf die Branche. Entscheidend sind Ideen, Mut und eine gute Vorbereitung. Unternehmergeist und unternehmerischen Wagemut können wir nicht ersetzen. Bei der Umsetzung von Ideen kann die IHK aber durchaus wertvolle Hilfe leisten: von der Informationsbeschaffung über die Partnersuche bis hin zur konkreten Hilfe vor Ort:

  • Da wäre zunächst das breite Informationsangebot der IHK: Der monatliche Informationsdienst „Außenwirtschaft aktuell“, die regelmäßigen Länder-Sprechtage, das umfangreiche und übersichtliche Internetangebot, die gezielten Recherchen in der bfai-Datenbank – und natürlich die Mitarbeiter der IHK, die auch individuelle Fragen rasch und kompetent beantworten.
  • Da wäre das weltweite Netzwerk der Auslandshandelskammern, die Marktinformationen über alle wichtigen Exportländer bereithalten, Kooperationspartner vermitteln und die in ihren jeweiligen Ländern über beste Kontakte zu Verwaltungen und Unternehmen verfügen. Auch hinter dem Euro Info Center (EIC) der ZPT steht ein europaweites Netzwerk, das Kooperationen zwischen Unternehmen vermittelt.
  • Da wäre das Angebot an Delegationsreisen, die Wirtschaftsministerium, ZPT und IHK gemeinsam organisieren, mit gezielten Kooperationsbörsen vor Ort, politischen Kontakten und auf Wunsch einer gezielten Vorbereitung („Coaching“) auf die zu erwartenden Bedingungen und Gebräuche im Zielland. Hinzu kommt die Möglichkeit von Gemeinschaftsbeteiligungen an Auslandsmessen oder gut vorbereiteter gemeinschaftlicher Messebesuche. All dies kräftig unterstützt durch die Förderprogramme des Landes oder des Bundes und den „ Flankenschutz“ hochrangiger politischer Begleitung.
  • Im Zielmarkt selbst helfen wiederum die Auslandshandelskammern der IHK-Organisation oder die Wirtschaftsförderungseinrichtungen und sonstigen Kontaktpartnern der ZPT.
  • Schließlich haben einige erfolgreiche Saar-Unternehmen angeboten, ihre persönlichen Erfahrungen und Kontakte auch anderen Unternehmern der Region zur Verfügung zu stellen. Die IHK wird dazu im Internet eine eigene Plattform anbieten.
Chancen vor unserer „Haustür“

Meine Erfahrung ist: Das Angebot ist da – es ist umfangreich, vielfältig und solide. Probieren Sie es doch einfach selbst einmal aus.

Natürlich kann ich hier keine allgemeinen Ratschläge geben, wohin ein Unternehmen seinen ersten Schritt im Export setzen sollte. Das ist nur individuell zu beantworten. Für den einen mag Frankreich oder Luxemburg der nächstliegende Auslandsmarkt sein. Andere mögen zuerst im deutschsprachigen Ausland oder in den Kernländern der EU ihr Glück versuchen. Von wieder anderen weiß ich, dass sie sich gleich nach Asien orientiert haben und dort Erfolg hatten. „Raus“ zu gehen, ist keine Frage der Größe, sondern der Wendigkeit und der Risikobereitschaft. Viele saarländische Unternehmen haben dies mit Erfolg unter Beweis gestellt. Ich würde mir wünschen, wenn noch mehr den Schritt nach draußen wagen würden.